Michael Martens (er/ihm)

Inklusive Sprache macht eine inklusive Gesellschaft möglich - Warum Sprache unsere Realität und unser Handeln prägt.
Wer bist du und was machst du?

Ich bin Michael, Gründer von Fairlanguage, den Expert*innen für faire Sprache. Ursprünglich sind wir als automatisierte Browser Extension gestartet, doch mittlerweile ist Fairlanguage die führende Beratung für inklusive Sprache in Deutschland.

Wie bist du als weißer Cis-Mann auf die Idee gekommen ein Start-up für faire Sprache zu gründen?

Ich habe einen Onlineartikel gelesen, in dem es darum ging, dass Sprache gerechter sein kann. Es wurde erklärt, dass Sprache maßgeblich unser Denken und Handeln beeinflusst und dass gendergerechte Sprache Frauen und nicht-binäre Menschen sichtbar macht und damit eine massive Auswirkung auf unsere Wahrnehmung, unsere Zuschreibungen und Vorurteile hat. Sie kann helfen, dem Ziel einer inklusiven Gesellschaft deutlich näher zu kommen. Fand ich alles einleuchtend und dachte: OK, dann mach ich das ab jetzt anders. Und dann hab ich noch etwas weiter gescrollt und bin in die Kommentare geraten. So viel Emotionalität und Abwehr, obwohl die Lösung eigentlich einfach und wissenschaftlich klar ist, fand ich faszinierend. Ich habe gemerkt, es fehlt etwas, um die Gesellschaft mitzunehmen.

Wenn du eine Sache in Deutschland sofort ändern könntest, was wäre das?

Puh, schwierige Frage, so vieles! Ich sehe einen großen Schlüssel in der Frage, was wir wie bezahlen. Wenn wir als Gesellschaft Arbeit, die die Welt besser macht und uns als Gesellschaft voran bringt, viel besser bezahlen würden, würde sich eine Menge ändern. Ich denke da an Kinderbetreuung und Erziehung, Pflege, Menschen, die in anderen sozialen Berufen arbeiten oder sich für den Klimaschutz oder ein inklusives Miteinander einsetzen. Aktuell haben wir leider in der Gesellschaft häufig noch den Blick „Oh, du arbeitest an einer „guten Sache“, dann brauchst du ja gar nicht so viel zu verdienen.“ Aber was ist so verkehrt daran, Gutes zu tun und damit reich zu werden? Vor allem im Vergleich zur Realität, in der viele Dinge gemacht werden, die die Welt in meinen Augen schlechter machen, aber super vergütet werden. 

Warum ist das Thema deiner Meinung nach so heiß diskutiert?

Bei Neuerungen haben Menschen schnell das Gefühl, dass ihnen etwas weggenommen wird. Eigentlich gewinnen alle durch gendergerechte Sprache dazu. Aber trotzdem fühlen sich gerade manche Männer bedroht und spüren eine Art „Verlust“.

Wie kann man hier am besten kontern?

Man muss die Leute mitnehmen und vermitteln, warum gendersensible Sprache wichtig ist. Warum durch kleine Veränderungen der Sprache alle gewinnen und keine*r verliert. Männer sind ja weiterhin angesprochen, nur dass eben auch alle anderen durch die neuen Formen ebenfalls adressiert werden. Dadurch entsteht ja per se erst einmal kein Verlust der Sprache. Dabei hilft es nicht zu polemisch und zu bewertend zu argumentieren, da das Thema natürlich außerhalb der Bubble noch sehr neu ist. 

Das Thema Gendern wird heiß diskutiert – heißt das, dass auch immer mehr Unternehmen auf euch zukommen?

Ja, es kommen inzwischen auch viele Unternehmen auf uns zu, die nicht von sich aus eine Änderung wollen, sondern merken, dass sich da draußen etwas tut und sie sich positionieren müssen. Häufig wird aber die Bedeutung noch unterschätzt. Das Thema faire Sprache ist zwar auf dem Schirm, aber häufig wird es nicht umfassend genug angegangen und schnell wieder vernachlässigt. Die Ganzheitlichkeit der Transformationsstrategie fehlt häufig (noch). Dennoch nehmen wir in den letzten Jahren einen sehr positiven Trend wahr, die Anfragen steigen, größere Unternehmen wenden sich an uns und auch traditionelle Firmen beginnen damit, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Häufig ist natürlich auch das Thema Fach- und Führungskräftemangel ein Treiber, denn durch inklusive Ausschreibungen können Unternehmen einen größeren Bewerber*innenkreis ansprechen.

Wie genau unterstützt ihr Unternehmen?

Wir bieten je nach Bedarf ganz unterschiedliche Leistungen an. Häufig wird eine Beratung angefragt: Die Unternehmen wollen wissen, was sie mit gendergerechter Sprache erreichen können und wie sie das Thema angehen sollen. Sehr beliebt ist zudem unser Webseiten-Check, mit dem sich Unternehmen einen ersten Überblick verschaffen können, wie es um die eigene Unternehmenssprache bestellt ist. Neben Beratung, Prozessbegleitung und Analyse bieten wir auch die komplette Umsetzung im Unternehmen an. In diesem Fall gibt es dann eine Fülle von Lösungsansätzen, je nach Umfang und Zielsetzung der Projekte. Mit unserem Expert*innen-Team gehen wir im ersten Projektschritt meist das Thema Aufklärung und Sensibilisierung an und bieten individuell aufs Unternehmen abgestimmte Impulsvorträge, Inhouse-Seminare oder E-Learning Formate an. Die Palette reicht dabei von Grundlagen Seminaren bis hin zur weiteren Professionalisierung von fortgeschrittenen Sprachnutzer*innen. Wenn gewünscht, setzen wir mit unseren Spezialist*innen auch selbst gendergerechte Sprache um. Ich persönlich gebe vor allem sehr gerne kurzweilige Keynotes, da so auch großen Gruppen die Berührungsangst vor dem Thema genommen werden kann.

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